Samstag, November 29, 2008

Meet The Aspirs


Das Leben kann einen ganz schön überfordern. Das denkt sich zumindest Viktor Aspir und verbringt den kompletten Tag im Bademantel, um düstere Gedanken zu wälzen. Die politische Karriere musste er aufgeben, da das Geheimnis um seinen schrecklichen Vater aufzufliegen droht und nun erwartet er jeden Tag, daß Agenten des Mossad die Haustür aufbrechen. Wenn der Alte nur endlich sterben würde!
Wie praktisch, daß man sich gute Laune auch auf künstliche Weise erzeugen kann. Deswegen hat er sich hinten im Garten einen Riesenbong gebaut. Ach göttliches Vergessen!


Die geheimnisvollen Drohbriefe mit der Habichtzeichnung, die sie jeden Tag im Briefkasten vorfindet, beunruhigen Elizabeth Aspir zutiefst. Wurde der Schwiegervater enttarnt? Aber von wem? Und warum stellt der Erpresser keine Forderung?
Jeden Tag fleht sie den Himmel an, er solle den alten Aspir doch endlich zu sich nehmen. Vielleicht sollte sie sich einfach an die Hölle wenden? Das Leben könnte so viel besser sein ohne ihn. Ihr Victor wäre Bürgermeister und sie könnte auf dem Balkon des Bürgermeisterpalais stehen und "Don't Cry For Me, Desiderata Valley!" singen. In der trügerischen Hoffnung, daß der Tag einst kommen möge, übt sie ihr Lied täglich mit Inbrunst.


Nicht nur der Internationale Gerichtshof interessiert sich brennend für den Aufenthaltsort von Erich von Schnöbendorpf, dem ehemaligen Wehrmachtsgeneral, dem 1945 die Flucht nach Südamerika gelang. Unter dem Namen Luis Aspir lebt der Kriegsverbrecher nun in Desiderata Valley und muss sich jedesmal im Gartenschuppen verstecken, wenn Besuch kommt.
Was daran liegen mag, daß der Ewiggestrige weder auf seine alte Uniform noch auf die alte Geisteshaltung verzichten mag. Er hat sich sogar eine riesige Modellanlage aufgebaut, um immer und wieder die unseligen Feldzüge seiner Habicht-Standarte mit Zinnsoldaten nachzuspielen. Er gedenkt auch noch möglichst lange, seiner unverschämten Familie, die ihn wie einen Gefangenen hält, auf den Geist zu gehen. Bei einem auf dem Dachboden entdeckten Flaschengeist hat er sich bereits ein besonders langes Leben gewünscht.


Pauline Aspir ist noch zu klein, um zu verstehen, warum sie in der Schule nichts von ihrem verrückten Opa erzählen darf und warum sie keine Schulkameraden mit nach Hause bringen darf. So bleibt Kakadu Hansi der einzige Freund, mit dem Pauline ungeniert plappern darf.
Und ihre Eltern haben auch ständig schlechte Laune. Um sie ein wenig aufzumuntern, malt sie nun jeden Tag ein Bild von Hansi und steckt es ihnen in den Briefkasten.

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