Dienstag, Juli 27, 2010

Ian Loncraine: Vom Eis befreit


Lancelot scheint Hummer zu lieben, denn so gut wie täglich versucht er sich einen zu brutzeln. Was mich natürlich nervt, denn zum einen muss ich ihn gleich zwingen, das verbrühte Meeresgetier im Müll zu entsorgen, zum anderen ist deswegen der Kühlschrank jede Woche schon lange vorm Kühlschrankaustausch-Montag leergeplündert.
Hier erweist mir der verstorbene Vincent ausnahmsweise einen Bärendienst. Wem ein Geist aus einem Krustentier entgegenspringt, der interessiert sich danach nicht mehr für's Schalentierknuspern, sondern muss eher zur Dusche eilen, um den eigenen Urin von den Beinen zu waschen.


Am Morgen nach jedem Geisterauftritt ist Ian erst einmal damit beschäftigt, sämtliche Ammoniakpfützen aufzuwischen, die seine Alten im Erdgeschoss und ersten Stock hinterlassen haben.
Sie selbst kommen nämlich nie auf diese Idee.


Alessandro Polidori hat sich nach dem atomaren Super-GAU offenbar in der Kostümabteilung des Stadttheaters verschanzt; oder er möchte einfach den Empire-Stil im postatomaren Zeitalter wieder modern machen. Jedenfalls ist er mein Liebling unter all den Kandidaten für eine spätere Lebenspartnerschaft, die Ian in den Whirlpool zu locken vermag. Hier sich nun bitte ein hingemaltes Herz vorstellen.


Ian wird das Gefühl nicht los, daß mittlerweile sämtliche Essensreste im Kühlschrank von einer Vanille-Eiskugel geschmückt sind. Daß diese Rest auch gekühlt noch dampfen, stimmt ihn um so misstrauischer.


Aber wofür hat man eine Pralinenmaschine auf dem Dach stehen? Im fernsehlosen Haus ist das Kochenlernen ansonsten auf's Kochbuchstudium beschränkt, was bekanntermaßen absolut spaßtötend ist. Doch leider ist der Umgang mit der verflixten Maschine schwerer als erwartet. Die erhitzte Schokolade fließt als zähe Pampe ungehindert auf den Boden. Kochenlernen muss also auf den nächsten Geburtstag verschoben werden, um endlich speiseeislose Schnitzel zu kriegen.


Eines Tages beschließt Allan aus mir unerfindlichen Gründen, nicht mehr als Weltraumpirat arbeiten zu wollen und geht einfach nicht zur Arbeit. Irgendwann in der Nacht entdecke ich ihn in Arbeitskluft im Hinter"garten" (man kann die baum- und strauchlose Wüstenei hinterm Haus einfach nicht als Garten bezeichnen) stehend, wo er anscheinend die letzten Stunden festgewachsen ist. Erst als ich ihn seufzend zum Telefon schicke, um seinen Job zu kündigen, wie es die Regeln verlangen, bewegt er sich wieder.


Nach den Schwierigkeiten mit der Schokotrüffelherstellung hat sich Ian der Transplantationsmedizin veschrieben. Außerdem findet man in der Gummipuppe des öfteren einen übriggebliebenen Hamburger aus alter Zeit. Mmmh, lecker!

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